Pressemitteilung Parents for Future Dresden

Dresden. Vor zehn Jahren passierte das, was zuvor kaum jemand für möglich hielt: Nur 11 Jahre nach dem „Jahrhunderthochwasser“ 2002 richtete erneut ein Hochwasser großen Schaden in Dresden an. Am 6. Juni 2013 erreichte das Hochwasser seinen höchsten Pegelstand. Parents for Future Dresden mahnen zu diesem Anlass: Mit der fortschreitenden Klimakrise steigt das Risiko für Extremwetterereignisse – und nur Klimaschutz kann diese Entwicklung bremsen. [Zur ganzen PM]


Interview mit Fritz Pielenz

(Physiker, ehemaliger Energiereferent bei der Stadt Dresden, seit 2019 engagiert bei Parents for Future Dresden)

  • ab Min. 00:16: Eindrücke und Einordnung des Hochwassers 2013
  • ab Min. 02:20: Wie Hochwasser-Risiko und Klimakrise zusammenhängen sowie Bedeutung für Dresden
  • ab Min. 06:45: War Dresden 2013 besser vorbereitet als 2002 – und kann sich Dresden an die steigende Hochwassergefahr anpassen?
  • ab Min. 08:40: Kurze Einordnung der Klimaschutzbemühungen der Stadt

Impressionen des Hochwassers 2013

Die Österreicher Straße in Dresden-Laubegast: Wo sonst die Straßenbahn fährt.
Der Große Garten – ein Hochwasserrückhaltebecken?
Zur Aufnahme einer überhöhten Wasserführung im Kaitzbach wird der Große Garten als Überschwemmungsfläche (sog. „Retentionsraum“) genutzt. Er stellt die letzte große „Freifläche“ vor der dicht besiedelten Innenstadt dar, wo sich ein Kaitzbach-Hochwasser weitgehend schadlos ausbreiten kann. In diese Funktion tritt der Große Garten erst, wenn alle anderen Einrichtungen zur Rückhaltung von Starkniederschlägen im Bachverlauf ausgeschöpft sind.
Aufgrund der lang anhaltenden Durchfeuchtung des Bodens bekamen einige der imposanten Bäume „weiche Knie“ und fielen um.
Dresden-Laubegast – wieder eine Insel
Die Österreicher Straße, vor allem an ihren Enden in Alttolkewitz und dem Kleinzschachwitzer Ufer, die Salzburger und die Leubener Straße waren zu großen Teilen überschwemmt.
Improvisierte Grundstücksentwässerung auf der Leubener Straße in Dresden-Laubegast.
Eine notdürftige Versorgung und die Personenbeförderung stellten Rettungs- und Armeefahrzeuge sicher.
Rettungsboot – falls das Wasser weiter steigt.
Manch einer sicherte sein Auto bzw. Motorrad, die geleerte Tiefgarage, die Inhalte der Gartenlaube …
… oder sorgte in Elbnähe für die eigene Rettung durch Boote vor (ob mit großem Komfort oder eher bescheiden).
Erstaunlich viele Boote kamen auf der Laubegaster Insel tatsächlich zum Einsatz!
Lebensretter am Werk
Zwei Passanten riefen aufgeregt einer Frau, die im ersten Stock aus dem Fenster schaute, die Bitte zu, ob sie nicht ein Gefäß zur Hand habe, das sie ihnen geben könne. „Was soll das? Wozu dies bei den Unmengen an Wasser, das die Straßen entlangfließt?“, verriet ihr Blick. Doch das Rätsel löste sich, als auf zwei Goldfische verwiesen wurde, die sich im Rinnstein tummelten (Moment der Entdeckung im Bild unten). Da die Regenwasserabflüsse über die Kanalisation selbst im überschwemmten Laubegast noch funktionstüchtig waren, drohten diese Fische von einem der Gullieinflüsse verschluckt zu werden. So ward schnell eine Plastebüchse aus dem Haushalt spendiert und hinuntergeworfen. Die Fischlein wurden flink ergriffen und in den Rettungsbehälter getan. Stolz trugen die beiden Passanten das Goldfischpärchen in sichere Gefilde.
Vielleicht konnte nicht jeder Fisch in rettende Gewässer überführt werden. Auch war das trübe Elbwasser der Gesundheit der restlichen Fischbestände nicht gerade zuträglich. Der Elbschlamm hinterließ äußerst unangenehme Spuren – zum Glück schwamm im Vergleich zu 2002 viel weniger Heizöl in der Flut mit. Auch Pflanzenschutzmittel aus Kleingärten und in Kellern gelagerte Chemikalien führte das Hochwasser mit sich. Da kamen findige Leute auf die Idee, ihren Keller vorsorglich mit Trinkwasser zu fluten, damit das schmutzige Wasser weitgehend draußen bliebe.
Dresden-Laubegast
Dresden-Laubegast
Unterhalb der Semperoper
Schutzanlagen (Dammbalkensysteme) in den Öffnungen der Brühlschen Terrasse hielten das Elbewasser vom Altmarkt fern.
Wo der fest installierte Schutz nicht geplant oder umgesetzt wurde, versuchten viele Helfer, Sandsackverbaue, hier z. B. für die Gaststätte „Radeberger Keller“, aufzutürmen. Im August 2002 war auch die Altstadt noch weitgehend ohne Schutz gewesen. Die Elbe war fast bis zum Neumarkt ausgeufert.
Neben der Augustusbrücke ist der Theaterkahn verankert, der sich ähnlich wie die schwimmenden Häuser in den Niederlanden den wechselnden Wasserständen elegant anpasst. Lediglich der Zugang zum Kahn versank.
An vielen Stellen wurden vorsorglich Sandsäcke gestapelt. Die Ereignisse von 2002 waren noch zu deutlich in Erinnerung.
Der westliche Innenstadtrand ist durch mehrere Fluttore gesichert, die 2013 erstmals eine harte Bewährungsprobe zu bestehen hatten.
In der Weißeritzstraße verlief früher der gleichnamige Nebenfluss der Elbe. Dieser schüttete in seinem Mündungsdelta die Schotterablagerungen des Ostrageländes auf („Ostra“ bedeutet „Insel“). Hier versucht die Elbe im Hochwasserfall regelmäßig in das alte Flussbett der Weißeritzmündung hineinzuströmen.
Auch die anderen Flutschutzanlagen zwischen der Augustus- und der Marienbrücke (geplant vom Umweltamt und der Landestalsperrenverwaltung) haben ihre erste harte Bewährungsprobe sehr gut bestanden.
Die Kraft der Strömung
Dass stark strömendes Wasser vieles zerstören bzw. massive Gegenstände von der Stelle bewegen kann, wird unmittelbar nach einem solchen Flutereignis offensichtlich. In der zuvor erwähnten Flutrinne im Ostragehege zeigten sich – vielleicht verstärkt durch die Beseitigung der Eissporthalle als wesentliches Durchflusshindernis im Einlaufbereich – extreme Krafteinwirkungen an allem, was dem Elbwasser im Weg stand.
Naturrasen kann der Überströmung durch Verwurzelung im Untergrund gut widerstehen. Anders sah es bei den Flächen mit Kunstrasen aus. Hier gelang es der starken Strömung, den Kunst- in den Zustand eines „Rollrasens“ zurückzuführen.
An vielen Stellen entlang des Elbufers hatte sich Treibgut gewaltig aufgetürmt.
Besonders eindrucksvoll waren die Ausspülungen im Bereich der Marienbrücke. Hier kamen noch die Strömungsbeschleunigung und Verwirbelung durch die Brückenpfeiler hinzu. Da die Eisenbahnbrücke zum Teil auf Gleitlagern ruht, wurden Beschwerungen mit Lokomotiven vorgenommen, um die Standsicherheit der Brücke zu erhöhen.
Das Wasser war weg – zurück blieben Schwemmgut und Dreck. Auf den Überschwemmungsflächen in luftiger Höhe bzw. an Strömungshindernissen blieb manches hängen. Wie viel mehr hat die Elbe wohl mit in die Nordsee genommen?
Doch die Unmengen an Sandsäcken und Schlamm zu beseitigen, war sehr aufwändig.
Der durchfeuchtete Sperrmüll fiel diesmal im Vergleich zu 2002 deutlich geringer aus. Wer konnte, hatte Einrichtungsgegenstände in Sicherheit gebracht.
Terassenufer
Am Laubegaster Ufer
Die Hand an der Wand mit den Pegelmarken deutet den Bereich des Höchststandes vom 6. Juni 2013 am Pillnitzer Schloss an, der ca. zehn cm über der angedeuteten Höhe gelegen hat. Pegel über 880 bis 900 cm sind in Pillnitz nicht mehr mit denen der Innenstadt vergleichbar. Bei diesen Wasserständen fließt ein Teil der Flut durch den alten Elbarm, wodurch das Pillnitzer und Kleinzschachwitzer Ufer entlastet werden.

Bildrechte: Fritz Pielenz
Bilder und Texte sind Auszüge aus dem Bildband: „876cm – MEINE · DEINE · UNSERE FLUT“ von Fritz Pielenz (Bilder und Gedanken zum Juni-Hochwasser 2013 in Dresden mit Beiträgen von Stephan Schön und Friedrich Schorlemmer)