Redebeitrag von lhs für die Parents For Future Dresden zur Fridays For Future-Demo am 31.03.23

„Ich träume von einem Dresden, das auf die Menschen zentriert ist, nicht auf Autos. In dem die Menschen lieber vor ihren Häusern und Wohnungen sind, als in ihnen. Weil es draußen grün, ruhig, sicher und schön ist – und man hier mit all den Menschen aus den anderen Häusern zusammenkommen kann. Wo mein Kind, vier Jahre, draußen aufwachsen kann und rausgehen für es nicht mehr gleich Lebensgefahr bedeutet!

Aber ich bin auch nicht mehr naiv! Die Einigung der Ampel-Regierung, dass der Verkehrssektor jetzt keine verbindlichen jährlichen Emissionsminderungsziele mehr haben soll und 144 Autobahnprojekte beschleunigt werden sollen, ist sehr bitter. Aber es war auch erwartbar.

Deutschland hängt am Auto-Tropf

Die Automobilbranche ist Deutschlands mit Abstand umsatzstärkster Wirtschaftszweig! Allein im Jahr 2021 hat sie rund 410 Milliarden Euro umgesetzt. Die Politik wird nichts tun, um an dem Ast zu sägen, auf dem wir sitzen! Und die Automobilbranche sowie ihre Lobbyisten werden auch nichts zulassen oder unterstützen, das dazu führt, dass wir entdecken könnten, wie schön ein Leben mit weniger Autos gerade in unseren Städten sein kann! Da nützt auch kein Vorhalten guter Beispiele aus Paris, Barcelona sowie aus den Niederlanden, Österreich, der Schweiz oder anderen Ländern, die nicht am Auto-Tropf hängen.

Das Problem mit unserem Ast aber ist: Der ganze Baum krankt an der Klimakatastrophe! Er brennt, er verdurstet, seine Symbiose mit der Tierwelt geht verloren! Wenn Deutschland als Teil der Weltgemeinschaft, auf den viele andere Weltregionen schauen, jetzt nichts tut – dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Baum stirbt! Und all unsere schicken Autos schützen uns nicht vor Extremwettern, Ernteausfällen, Trinkwasserknappheit oder Ressourcenkriegen. All die heute verantwortlichen Vorstände, Manager und Aktionäre der Konzerne mit ihren dicken Bankkonten sind dann schon längst tot.

Antriebswende ist nur die Hälfte

Ja, wir brauchen die Elektromobilität, auch für die Energiewende als Speicher. Aber Energiewende-Professor Volker Quaschning rechnet vor, dass dazu deutlich weniger Autos reichen als die 48 Millionen, wie sie heute herumfahren und vor allem herumstehen. Auch das Umweltbundesamt hat bei der Vorstellung seiner Emissionsprognose für den Verkehrssektor deutlich gemacht: Die Antriebswende kann nur etwa die Hälfte der Mobilitätswende ausmachen, um die Klimaziele einzuhalten. Effizienz ist dabei ein Gebot der Klimagerechtigkeit! E-Fuels sind das Gegenteil.

Die Zahl der Autos muss sich reduzieren

Niemand außer der Klimagerechtigkeitsbewegung traut es sich auszusprechen: Wir brauchen ein Land mit deutlich weniger Autos! Mit einer erschwinglichen Mobilität, die mehr Menschen bewegt als Kisten aus Blech und Kunststoff! Wir brauchen neue, skalierbare Geschäftsmodelle im Bereich Mobilität – und wir brauchen gute Jobs für all die Menschen, die dann vielleicht nicht mehr in der Automobilbranche arbeiten! Daran jetzt zu arbeiten – das wäre echter und ehrlicher Schutz des Lebens und der Zukunft durch die Politik!

Wer die Notwendigkeit dieses grundlegenden Kurswechsels nicht anerkennt und gleichzeitig von Klimaneutralität im Verkehrssektor redet oder Ressourcengerechtigkeit, belügt sich selbst und andere. Ganz zu schweigen von der Einhaltung des Pariser Klimaabkommens, die Erdüberhitzung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen.

Auch unser sächsischer Verkehrsminister Martin Dulig schwingt gerne wirklich tolle Reden über Klimaschutz. Im Verkehrssektor lehnt er sich entspannt zurück: ‘Es werden E-Autos gebraucht? Super, können wir ja alle in Sachsen produzieren’. Hauptsache in Sachsen wird erstmal abgesahnt. Der Rest der Mobilitätswende ist zweitrangig … oder drittrangig. Entsprechend unzureichend ist auch der Beitrag des Verkehrsministeriums zum Energie- und Klimaprogramm (EKP) Sachsens.

Andere Länder lassen sich nicht aufhalten

Ich will nichts schön reden. Es sind schwierige Zeiten. Das Wichtigste, das wir haben, ist unsere Gemeinschaft! Gemeinsam laut sein, kreativ sein, sichtbar sein, hörbar sein! Wir haben unsere Visionen, wir müssen protestieren, neue Allianzen schaffen – und ein Stück weit die Mobilitätswende auch von unten anschieben! Und wir sind auch über Landesgrenzen hinweg nicht alleine! Es gibt viele andere Länder um uns, die eben nicht so stark am Auto-Tropf hängen – die sich jetzt schöne und gesunde Städte schaffen. Deren Wandel können unsere deutschen Lobbyisten nicht aufhalten. So weit reicht ihre Macht nicht.

Vielen Dank an Fridays For Future Dresden für die Organisation dieser Demo heute und alle, die mit uns heute hier sind!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert