Die Freiheit des Einen endet, wo die Freiheit des Anderen beginnt ein Text (kein Fachtext) über Kommunikation von lhs.

Um es gleich zu Beginn klarzustellen: Ohne Verbote wird Klima- und Umweltschutz nicht funktionieren. Aber was sind Verbote eigentlich? Wichtig ist, sich klar zu machen: Wo es um Verbote geht, geht es in der Regel auch um Rechte, die geschützt werden. Das Recht auf Leben, das Recht auf Unversehrtheit, das Recht auf Eigentum beispielsweise. Es gibt Bereiche, da ist das so klar und logisch, dass niemand auf die Idee kommen würde, von einem Verbot zu sprechen. Beispielsweise dass es verboten ist, einen anderen Menschen umzubringen. Es so offensichtlich, dass wir diese sinnvolle Regel brauchen, damit wir alle frei leben können, dass kaum jemand hier den mit Freiheitseinschränkungen behafteten Begriff „Verbot“ verwenden würde.

Die halbe Wahrheit

Problematisch ist das Wort „Verbot“, weil es auch ein politisch umkämpfter Begriff ist. Auf der einen Seite, weil er für ein entschlossenes, politisches Handeln steht – auf der anderen Seite aber auch, weil er als Angriff auf das menschliche Autonomie-Bedürfnis verwendet wird. Das Problem des Begriffs „Verbot“ entsteht dadurch, dass er sich auf das Negative fokussiert, das Einschränkende – und den positiven Mehrwert, z. B. die damit geschützten Rechte und Freiheiten, andererseits ausblendet oder zumindest nicht automatisch mittransportiert. Also quasi nur die halbe Wahrheit erzählt.

Die ganze Wahrheit erzählen

Viel besser wäre doch eine Kommunikation, die genauso stark miterzählt (im Gegensatz dazu, nur um jeden Preis das Wort Verbot zu vermeiden – und damit die ggf. nötige individuelle Einschränkung zu verdecken), welchen Mehrwert, welchen Schutz, welche Rechte, welche Freiheiten wir durch eine Regelung erlangen oder bewahren. Ein sinnvolles Verbot muss einer Prüfung nach nach dem Vorhandensein dieser Kriterien sowieso standhalten! Nehmen wir zum Beispiel ein (angestrebtes) Verbot, sich eine Gas- oder Ölheizung einzubauen. Wäre es nicht genauso berechtigt, von einer Pflicht zu sprechen, sich ein klimafreundliches Heizsystem einzubauen?

Und dabei gibt es viele Möglichkeiten, die zugrundeliegenden Ziele kreativ auszudrücken: ein sauberes Heizsystem, ein zukunftsfestes Heizsystem, ein enkelfreundliches Heizsystem, ein gesundes Heizsystem, ein lungenfreundliches Heizsystem, ein solidarisches Heizsystem, ein global-gerechtes Heizsystem, ein Luft-Wasser-Wald-Menschen-freundliches Heizsystem etc. . Fühlt sich anders an, oder? Natürlich heißt das in diesem konkreten Beispiel, dass man Geld dafür in die Hand nehmen muss – aber zumindest weiß man dann doch, wofür! Bei einem „Verbot, eine Gas- oder Ölheizung einzubauen“ ist man zwar präzise, aber ziellos.

Ziele kreativ vermitteln

Sicher gibt es Regeln, die so konkret auf das Unterlassen von spezifischen Handlungen abzielen, dass es schwierig wird, das Wort „Verbot“ zu praktikabel zu ersetzen, z. B. Feuerwerksverbot. Aber letztendlich können wir ja im gleichen Zug auf die Rechte von Natur, Tierfamilien, Sanitäter*innen und Krankenhauspersinal (an Silvester), Haustierhalter*innen und vielen auf Ruhe angewiesenen Menschen verweisen. Auch könnte eine nicht ganz so spezifisch-konkrete Ausdrucksweise den Denkhorizont erweitern. Hier nun einmal ein bisschen herumgespielt: Statt einem Einwegverbot eine Mehrwegpflicht, statt einem Feuer-Verbot im Wald eine Waldbrandrisiko-Vermeidungspflicht, statt einem Plastiktüten-Verbot eine Umweltverpackungspflicht. Natürlich sind diese Ausdrücke nicht perfekt – aber dies soll ja auch mehr ein Denkanstoß sein.

Fazit und Forderung

​Ich würde mir von der Klimabewegung und auch den politischen Kräften, die sich für Klima und Umwelt einsetzen, eine noch stärkere Emanzipation in der Kommunikation wünschen, die sich nicht mehr von den Narrativen ihrer politischen Widersacher oder bestimmter Medien vor sich her treiben lässt! Die ihre Ziele immer konsequent einbringt, wenn Botschaften immer wieder auf Verbots-Narrative beschnitten werden, um zu polarisieren und zu spalten.

Ich kann klar sagen: Von Verboten zu sprechen, würde meinen Zielen nicht gerecht! Mein Ziel sind sinnvolle Regeln, die gesunde, gerechte und freie Lebensbedingungen für Menschen und Tiere global, jetzt und in der Zukunft erhalten. Egal, ob jemand darin nur erkennen mag, dass sie*er sich dafür gegenbenenfalls kurfristig einschränken oder zu Veränderungen bereit sein müsste.

Mit klimafreundlichen Grüßen
lhs

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